Personalentwicklung in der neuen Arbeitswelt

Die neue Arbeitswelt fordert so einiges von der Personalentwicklung. Warum? Weil eines ihrer zentralen Werte die persönliche Weiterentwicklung jedes Einzelnen ist. 

Vielleicht hast du gerade das nächste hippe Kicker-Turnier geplant und die Obstkorb-Bestellung abgeschickt. Dann werden dich meine Zeilen sicher interessieren. Der Ursprung von New Work ist nämlich im Grunde (Achtung, jetzt kommt’s) die Erhöhung des Bewusstseins der Menschen! Und zwar für sich selbst und für ihre tiefsten Wünsche und zielt somit auf irgendeine Form der persönlichen Selbstverwirklichung ab. Aber hey, gesunde Ernährung und Spaß sind dabei natürlich sehr hilfereich ;-). „Selbstverwirklichung? Das klingt ziemlich egoistisch“, denkst du vielleicht. „Wir haben Unternehmensziele zu erreichen und sind doch keine Plattform für Lebenskünstler“. Dann lasse sich belehren: Echte Selbstverwirklichung ist alles andere als eine Ego-Journey. Im Gegenteil. Selbstverwirklichung geschieht immer unter Berücksichtigung des Wohls anderer, also der Mitmenschen und der Umwelt. New Work möchte eine Welt, in der jeder das Beste in sich entdeckt und seine Stärken und seine Berufung nutzt, um die Welt etwas besser zu machen. Natürlich ist das ein Prozess, der noch lang andauern wird und es sind bei weitem nicht alle Unternehmen und schon gar nicht alle Menschen in gleichem Maße beteiligt. Aber wenn du die Augen für die neue Welt öffnest, erkennst du sie an jeder Ecke. Du fragst dich, warum vegane Ernährung, Yoga, Retreats und Selbstfindung boomt? Das ist die Antwort. Und dieser Bewusstseins- und Selbstverwirklichungs-Aufschwung macht natürlich nicht Halt vor der Arbeitswelt. Voilà: Welcome to New Work. 

Und jetzt mal Butter bei die Fische: Was muss denn die neue Personalentwicklung verändern, um den Mitarbeitern ihre Selbstverwirklichung zu ermöglichen? 

Kurz gesagt: Deine gesamte Vorstellung einer Personalentwicklungsstrategie. Radikal.

Das bedeutet: Die Zeiten, in denen Weiterentwicklungsmaßnahmen so à la Gießkannenprinzip durchgeführt werden sind vorbei. Es ist nicht mehr zielführend, nach fixen Entwicklungplänen zu handeln und dass eben jeder, der eine gewisse Karrierestufe erreichen will, folgende X Seminare zu besuchen hat. Der Grund dafür liegt auf der Hand: erst einmal werden diese Entwicklungspläne groß ausgerollt und sind über einen langen Zeitraum recht unflexibel. Es wäre viel zu teuer, ständig alles über den Haufen zu werfen. Wer weiß überhaupt, welches Wissen und welche Kompetenz zu jedem Zeitpunkt benötigt werden? Du? Zu schnell ist die Welt da draußen, zu unbeständig ihre Trends. Versuch also nicht, die perfekte langfristige PE-Maßnahme zu entwickeln. Der einzige, der dann wohl im Hamsterrad enden würde, wärst du. Klingt eher nicht nach Selbstverwirklichung ;-).

Außerdem sind groß geplante Entwicklungsmaßnahmen so gar nicht persönlich. Sie beziehen nämlich kaum den individuellen Kenntnisstand oder persönliche Interessen und schon gar nicht die persönlichen Stärken mit ein. So sitzt man also zwei oder drei Tage, oft sogar deutlich länger, in einer Fortbildungsmaßnahme und zieht sich am Ende das heraus, was für einen selbst gerade interessant ist. Der Rest wird ohnehin sofort vergessen, da die Relevanz fehlt. Das kennst du sicher. „Hätte man das nicht auch irgendwie effizienter lösen können?“. Das ist die richtige Frage, die sich Personalentwickler der new Work stellen.

Was braucht neue Personalentwicklung also stattdessen? Sie braucht die Verschmelzung von Arbeit und Lernen, statt geplanter Seminare. Da wir immer häufiger an neue Herausforderungen stoßen, gibt es oft keine Best-Practice-Tipps. Mut für Experimente und Learning by Doing lautet die Devise. 70% des Lernens findet übrigens genau so statt. 20% lernen wir via Social Learning (von anderen, z.B. über informelle YouTube Videos und Podcasts) und nur 10% des Wissens wird in klassischen Seminaren erworben (formelles Lernen). Wow. Da lohnt es sich schon zu überlegen, ob du dein Budget in Seminare steckst oder in richtige Rahmenbedingungen und die Infrastruktur für informelles Learning by Doing und Social Learning, oder?  Beides hat den Vorteil, dass es im sogenannten Moment of Need abgerufen werden kann. Also, sobald ein Mitarbeiter auf eine Wissenslücke oder eine Herausforderung stößt, kann er sich das benötige Wissen kurzerhand aneignen, um dann weiterzuarbeiten. Das ist situatives Lernen on Demand. Helfen können dabei z.B. Electronic Performance Support Systems, über welche die Mitarbeiter schnelle Hilfe bei ihrem aktuellen Problem erhalten und sich ganz nebenbei die benötigten Skills aneignen.

Was brauchen aber unsere Leute, wenn die Infrastruktur für Learning by Doing und Social Learning steht? Natürlich das richtige Mindset in Bezug auf ihre Selbstentwicklung und ihre „Selbstwirksamkeit“. Noch so ein schicker Begriff. Er bedeutet ganz einfach, dass sie verinnerlichen müssen, dass sie ihren Erfolg oder ihr Jobglück selbst in der Hand haben. Hierzu ist es notwendig zu verstehen, dass jeder Einzelne bereits alle Eigenschaften in sich trägt, um die beste Version seiner selbst zu werden: Das „Best possible Self“, wie es die Wissenschaft gern beschreibt. Hier gehts überhaupt nicht um grenzenlose Selbstoptimierung und höher, schneller, weiter – das hätte nämlich rein gar nichts mit New Work zu tun. Hier geht es darum, das Bewusstsein für sich selbst, seine Stärken und Werte zu schärfen und ein positives Mindset zu entwickeln, das es ermöglicht, offen an Probleme und Projekte heranzugehen und sich für kreative Lösungen zu öffnen. Das es ermöglicht, über Stolpersteine zu hüpfen und aus Krisen und Rückschlägen neue Kraft zu schöpfen, um sich wiederum neu zu positionieren.

Das Tagesgeschäft von Personalentwicklern in der neuen Arbeitswelt ist es also, das Mindset der Mitarbeiter auf Selbstwirksamkeit und Selbstverwirklichung umzustellen und ihnen alle Rahmenbedingungen zu bieten, dies auch leben zu können. Motivation, Happiness, high Performance und Resilienz folgen dann von ganz allein. Wer happy ist, leistet mehr.