Artikel von Evelyn Sander/ FVW Magazin für Touristik & Business Travel, Ausgabe 26/2018

Ein Job, der sich um Sommer-Sonne-Strand dreht, müsste doch theoretisch glücklich machen. Praktisch schlägt man sich mit knappen Margen, neuen Gesetzen und hohen Ansprüchen herum, im Büro sitzen immer weniger Kollegen, und das Gehalt ist auch nicht besonders. „Viele sind frustriert“, beobachtet die Trainerin Kirsten Gahlen. „Die meisten Unternehmer fokussieren sich auf das, was schlecht läuft.“

Was zählt, sind Zahlen. Wie glücklich das Team dabei ist, bekommt ein Chef mitunter gar nicht mit. Und überhaupt ist dieser Psychokram ja auch eher ein Thema für Frauenzeitschriften und nicht für Unternehmer. Falsch gedacht: Es ist auch betriebswirtschaftlich sinnvoll, sich um die eigene Psyche und die der Kollegen zu kümmern. „Firmen mit zufriedenen Mitarbeitern sind viel erfolgreicher“, weiß Gahlen und zählt auf: Glückliche Mitarbeiter sind 31 Prozent produktiver, schaffen 37 Prozent höhere Verkäufe, sind dreimal kreativer, deutlich belastbarer. Sie erholen sich schneller von Rückschlägen und beeinflussen ihr Umfeld positiv.

Aber ist Glück nicht Privatsache? Schließlich ist Zufriedenheit etwas sehr Subjektives und lässt sich nicht pauschal vom Chef verordnen. Studien belegen, dass 50 Prozent des Wohlbefindens genetisch angelegt und zehn Prozent von Lebensumständen bestimmt würden. „Das bedeutet aber auch, dass 40 Prozent des Wohlbefindens bewusst und aktiv ge- prägt werden kann“, sagt Gahlen. Hier könnten Unternehmer „positive Rahmenbedingungen“ schaffen.

Sie denkt dabei nicht an Gehaltserhöhungen, Kicker oder Fitnesskurs. Gahlen: „Die innere Einstellung ist der Schlüssel zum Glück.“ Und da geht es um ganz andere Themen – um Wertschätzung, persönliche Weiterentwicklung und offene Kommunikation. Das beobachtet auch Oliver Haas, Gründer von Corporate Happiness. Gerade junge Mitarbeiter fragen nach Sinnhaftigkeit, Work-Life-Balance und persönlicher Entwicklung. Sie wollen sich im Job wohlfühlen. „Unternehmen müssen ihre Firmenkultur anpassen und ein gesundes Maß an Fordern und Fördern finden“, sagt Haas. Insbesondere Führungskräfte sollten sich weniger um operative Geschäfte und mehr um Mitarbeiter kümmern. Haas: „Chefs müssen sicherstellen, dass sich jeder Kollege entfalten kann und seine Meinung gehört wird.“

Und wie kommt gute Laune auf? Mit Hilfe der positiven Psychologie könnten Dauer und Intensität von Hochs gesteigert und die von Tiefs reduziert werden. „Dafür gibt es einfache und effektive Methoden“, erklärt Trainerin Gahlen, die ihre Strategien für mehr Glück im Job vorstellt.

1. TAGEBUCH
Schreiben Sie jeden Abend drei Dinge in ein Notizbuch, für die Sie am Tag dankbar waren. Das kann etwas Einfaches sein wie ein gutes Gespräch. Fügen Sie hinzu, was Sie dazu beigetragen haben. Der Effekt: Wir schlafen mit positiven Gedanken ein und nehmen im Alltag leichter das Gute wahr. Dies steigert nachhaltig das Wohlbefinden und reduziert schon nach einer Woche sogar Symptome einer Depression.

2. ERFOLG
Es gibt viel mehr positive als negative Ereignisse. Aus ihnen schöpfen Teams ihre Energie. Beginnen Sie ihr nächstes Meeting mit der Frage: „Was war Ihr Highlight?“. Und lassen Sie dem Team Raum, sich mit der positiven Leistung zu identifizieren und stolz auf seinen Erfolg zu sein. Dabei kann man auch gezielt Komplimente an Einzelne vergeben. Die Übung hilft den Kollegen, die schönen Dinge im Arbeitsalltag wahrzunehmen. Regelmäßig durchgeführt, steigert sie die Motivation und trägt als „positiver Speicher“ auch durch stressigere Zeiten.

3. MITGEFÜHL
Ihr Kollege stürmt ins Büro: „Gute Neuigkeiten: Ich bin befördert worden!“ Wie reagieren Sie? Man unterscheidet vier Reaktionen: aktiv destruktiv („Das ist eine verantwortungsvolle Position mit komplexen Aufgaben und längeren Arbeitszeiten“), passiv destruktiv („Ich war am Wochenende in Italien, es war super“), passiv konstruktiv („Das sind ja gute Neuigkeiten“) und aktiv konstruktiv („Das ist ja wunderbar! Das hast du verdient. Erzähl mal, was passiert ist.“). Letztere ist die beste Reaktion: Durch die Frage nach Details lassen wir den Kollegen die schöne Situation nochmals erleben, er fühlt sich wertgeschätzt, die Qualität des Miteinanders verbessert sich.

4. TALENT
Sie sollten nicht versuchen, ihre Mitarbeiter an die Aufgaben anzupassen. Sinnvoller ist es, mit der Job-Crafting-Methode die Stärken, Talente und Motivation der Kollegen zu erkennen und sie in Bereichen einzusetzen, die dazu passen. So erleben Mitarbeiter ihre Arbeit als sinnvoller, sind belastbarer und arbeiten gewinnbringender.

5. KOMMUNIKATION
Die Art der Kommunikation prägt die Teamleistung. Positiv wirkt, wenn Sie als Chef von „Kollegen“ statt von „Mitarbeitern“ sprechen. Zudem ist das Verhältnis von positiven zu negativen Kommentaren in Gesprächen und Meetings entscheidend. Ein Positiv-Negativ-Verhältnis von 3:1 verbessert zwischenmenschliche Beziehungen und Leistungen, bei 6:1 zeigen Teams durchgängig außergewöhnliche Leistungen. fvw

Artikel von Evelyn Sander/ FVW Magazin für Touristik & Business Travel, Ausgabe 26/2018