Angst vor der Pleite und Arbeitslosigkeit – die Krise trifft viele Touristiker wie ein Schock. Kirsten Gahlen, Trainerin und Coach für positive Personalentwicklung, weiß, wie man jetzt optimistisch bleibt.
fvw: Viele Touristikunternehmen kämpfen aktuell ums Überleben. Da kann man doch nur noch verzweifeln, oder?
Kirsten Gahlen: Kann man, muss man aber nicht. Natürlich kann ich verstehen, wenn jemand in der Krise Angst um den Job oder sein Unternehmen hat. Dazu kommt ja auch noch viel negativer Input von außen. Von allen Seiten werden wir noch nervöser gemacht. Aber: Wir können zwar die Realität nicht ändern, müssen aber unsere Reaktion darauf kontrollieren. Die Wissenschaft der Positiven Psychologie belegt, dass wir tatsächlich unseres Glückes Schmied sind.
Wie denn das?
Gerade in der Krise sehen wir: Je mehr negative Nachrichten ich lese, desto größer ist meine Angst und desto schlechter geht es mir persönlich. Ich stecke in der passiven Opferrolle fest, die mich wie bei einer Spirale immer weiter nach unten zieht.
Wir müssen uns bewusst machen, dass das, womit wir uns beschäftigen, Spuren hinterlässt. Wenn ich mich lang und breit mit einem Problem befasse, wird es viel größer als es in Wirklichkeit ist. Stattdessen sollten wir unser Leben selbstwirksam in die Hand nehmen und den Blick auf das Positive schulen.
Wie bekomme ich einen anderen Blick?
Damit ich positiver durch den Alltag gehe, hilft eine ganz simple Dankbarkeitsübung: Jeden Abend notiere ich mir drei Dinge, die an diesem Tag schön waren. So werden mir die positiven Seiten des Lebens wieder bewusster. Grundsätzlich würde ich den Medienkonsum beschränken, vielleicht auf eine halbe Stunde, damit ich nicht den ganzen Tag mit negativen Schlagzeilen zu tun habe.
Und wenn ich gerade meinen Job verloren habe?
Dass ich erst mal Angst vor der Zukunft habe, ist ganz normal. Wenn ich lange in der Firma war, bricht durch die Kündigung vielleicht eine Welt zusammen. Aber wenn ich jetzt nur noch in Selbstmitleid zerfließe und mich total unter Druck setze, ganz schnell etwas Neues zu finden, verengt sich mein Fokus.
Diese Angst führt zu Blockaden, und am Ende sehe ich dann den Wald vor lauter Bäumen nicht. Das Problem ist, dass ich die Chancen, die sich rechts und links auftun, so gar nicht wahrnehmen kann. Wir müssen positive Emotionen fördern, damit wir zu Gestaltern der Krise und nicht zu passiven Opfern werden. Wer positiv denkt, ist aktiver und nachweislich gesünder.
Wie kann ich die Blockaden lösen?
Die aktuelle Krise tritt uns buchstäblich in den Hintern. Jeder sollte die gewonnene Zeit nutzen, um einen Schritt zurück zu gehen und sich Prioritäten für sein Leben zu setzen. Dabei hilft eine Übung: Ich stelle mir vor, wie ich in ein, zwei Jahren auf die Krise heute zurückblicke und mich frage: Wie habe ich die Krise für mich genutzt, wie habe ich sie erfolgreich gemeistert?
Vielleicht hatte ich nur mal Zeit für mich, vielleicht habe ich mich weitergebildet, mich selbstständig gemacht oder die Branche gewechselt. Eine Krise bietet die einzigartige Möglichkeit, in unserem schnelllebigen Alltag mal zur Ruhe zu kommen.
Leichter gesagt als getan …
Das ist nicht so einfach, ich weiß. Schließlich geht es ja besonders im Job immer nur darum, schneller und noch besser zu werden. In der Krise prasseln dann noch neue Themen wie Jobängste, digitale Tools und Umstrukturierungen auf uns ein. Wir müssen lernen, uns selbst zu beruhigen und den Kopf freizubekommen.
Wie schaffe ich das?
Ich empfehle Meditation, um die Gedanken zu beruhigen. Mittlerweile gibt es kostenfreie Apps, die Anfängern gut helfen. Es reicht, wenn man mit fünf Minuten anfängt. Wenn ich meditiere, fühle ich mich im Hier und Jetzt. Ich trauere nicht der tollen Vergangenheit hinterher oder mache mich verrückt, dass ich künftig keinen Job mehr finde. Ziel ist es, dass wir uns dieser quälenden Gedanken bewusst werden und sie loslassen.
Und wer nicht stillsitzen kann?
Der macht einfach Sport oder geht raus in die Natur. Auch so kann man den Kopf wunderbar freikriegen.
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